Der richtige Umgang mit Macht

oder

Die Macht der Liebe
Lukas 9, 51-56
Jürg Birnstiel
22.11.1998

Gliederung

I.     Rache ist süss

II.    Liebe ist besser

 


Einleitung

ð     Kürzlich wurde unser Sohn auf dem Schulhausplatz angereppelt. Das ist vermutlich noch ein sanftes Wort dafür. Jedefalls hatte er im Genick schmerzen.

ð     Am Abend sagte mir meine Frau im Bett: Hoffentlich hat er kein Schleudertrauma. Um es vorwegzunehmen – es war nicht so schlimm. Doch dieser Gedanke brachte in mir einiges hervor.

ð     Der Gedanke, dass Mischa wegen einer solchen Rücksichtslosigkeit über Jahre eingeschränkt werden sollte und sein Leben von einer solchen Behinderung mitbestimmt werden könnte, löste in mir Angst und Wut aus.

ð     Ich begann zu überlegen, wie ich wohl mit dem Jungen reden werde, wenn sich so etwas herausstellen würde. Ja, da hat jemand in mein Leben eingegriffen und schon überlege ich den Gegenschlag, obwohl ich weiss, dass wenn es so wäre, nichts mehr zu ändern ist.

ð     Manchmal möchten wir sofort Handeln und zurückschlagen. Das erlebten auch die Jünger, doch mussten sie sich von Jesus belehren lassen.

Text lesen: Lk.9,51-56

I.                 Rache ist süss

ð     Wir befinden uns im Lukasevangelium an einer wichtigen Stelle. In einem feierlichen Ton, wird dieser Abschnitt eingeleitet:

Es begab sich aber, als die Zeit erfüllt war...

ð     Es beginnt ein neuer Abschnitt im Leben Jesu ein. Es ist die Zeit, da Jesus sich im Wissen nach Jerusalem aufmacht, dort hingerichtet zu werden. Jesus wandte sich entschlossen Richtung Jerusalem. Er war bereit dort zu leiden und zu sterben.

ð     Er verliess also seinen hauptsächlichen Wirkungsort Galiläa.

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ð     Route erklären: Jesus wählte den kürzesten Weg, durch Samaria, um nach Jerusalem zu gelangen. Viele Juden pflegten diesen Weg zu nehmen, um an den grossen Festen in Jerusalem teilzunehmen. Doch war diese Sache nicht ganz ungefährlich.[1]

ð     Jesus sandte Boten voraus, um ein Quartier zu suchen. Doch die Samariter waren dazu nicht bereit, weil sie beabsichtigten nach Jerusalem zu reisen.

ð     Jakobus und Johannes waren darüber äusserst entrüstet. Ich würde sagen, sie waren zutiefst gekränkt, dass man sie ablehnte. Und flugs hatten sie die Lösung ihres Problemens. Sie fragen Jesus:

Herr, willst du, so wollen wir sagen, dass Feuer vom Himmel falle und sie verzehre!

ð     Ich weiss woran was die Jünger dachten. Vielleicht standen sie noch unter dem Eindruck von dem, was sie in der Verklärung Jesu erlebt hatten. Dort sahen sie Jesus, Mose und Elia. Elia[2] hatte dies einmal getan. Über Boten, die zu ihm kamen, viel Feuer. Vielleicht dachten sie tatsächlich daran, nur beachteten sie nicht, dass sie nicht Elia sind, weder seinen Auftrag hatten, noch in seiner Zeit lebten.

ð     Wir müssen ihnen aber zugute halten, dass sie nicht sofort handelten, sondern zuerst noch Jesus fragten, ob sie das tun sollten.

ð     Wir sehen aber, was diese Ablehnung in ihnen ausgelöste. Sie waren äusserst entrüstet und zu allem bereit. Das Verhalten der Samariter hat sie beleidigt und verletzt.

1.                  Anwendung

ð     Für diese Demütigung wollten sie sich rächen. Im Lexikon lesen wir über die Rache folgendes:

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Rache: Die Vergeltung einer erlittenen Verletzung – ohne Beurteilung, ob zu Recht oder zu Unrecht geschehen – durch Zufügung eines ähnlichen Schadens.

ð     Es ist wie bei verletzen Tieren, die wie wild um sich schlagen. Die Jünger gedachten sogar nicht nur einen ähnlichen Schaden ihnen zuzufügen, sondern einen weit grösseren: Sie wollten den Ort mit den Menschen für immer vernichten. Eine riesen Katastrophe sollte über diese Menschen kommen.

ð     Denken wir an die Jünger zurück, als sie auf dem See Genezaret so hilflos Jesus weckte von der panischen Angst befallen, sie würden umkommen. Erstaunt nun dieser "scheinbare" Glaubensmut. Plötzlich zweifeln sich nicht daran, dass sie in der Lage seien, Feuer vom Himmel zu wünschen und es dann auch geschehen würde. Sie waren von dem Wissen einer grenzenlosen Macht gefangen, die sie nun in dieser zerstörerischen Art und Weise zum Auszuleben bereit waren. Plötzlich entwickelten sie einen grossen Glauben!

ð     Erstaunlich welche Kräfte in uns Menschen hervorgerufen werden, wenn wir verletzt werden! Wie hätten wir uns wohl verhalten?

ð     Was geschieht eigentlich, wenn wir verletzt werden?

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ð     Ich habe zwei Möglichkeiten mich zu rächen. Hier waren sich die Jünger einer grossen Macht bewusst, deshalb wollten sie sich sofort rächen. Wenn man keine Macht hat, dann rächt man sich mit Hinterlist, wenn man die Möglichkeit dazu hat. Z.B. setzt man ein Gerücht in die Welt usw.

ð     Ja – es hat etwas: Rache ist süss. Es scheint unseren Gerechttigkeitssinn zu befriedigen und unsere Würde zu schützen.

II.             Liebe ist besser

ð     Jesus ist über das Ansinnen der Jünger entrüstet. Er wendet sich ihnen zu und weist sie hart und deutlich zurecht. Er herrschte sie an. Wie er...

Lk 4,39             Und er trat zu ihr und bedrohte das Fieber, und es verließ sie. Und alsbald stand sie auf und diente ihm.

Lk 8,24             Da traten sie hinzu, weckten ihn auf und sprachen: Meister, Meister, wir kommen um! Er aber stand auf und bedrohte den Wind und die Wasserwogen; und sie legten sich, und es wurde still.

Lk 9,42             Und noch während er hinzuging, riß und zerrte ihn der Dämon. Aber Jesus bedrohte den unreinen Geist und machte den Knaben gesund und gab ihn seinem Vater wieder.

ð     Wie diese Zurechtweisung aussehen konnte zeigen uns spätere Textzeugen:

Wisst ihr nicht welches Geistes Kinder ihr seid? Der Menschensohn ist nicht gekommen, das Leben der Menschen zu vernichten, sondern zu erhalten.

ð     Wie könnt ihr nur auf eine solche absurde Idee kommen! Jetzt ist die Zeit der Gnade. Wie das auch im Johannesevangelium deutlich wird, wo es heisst:

Joh 3,17     Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn gerettet werde.

ð     Der Auftrag Jesu ist Rettung und nicht Zerstörung. Wie konnten nur die Jünger ein solches Vorhaben verwirklichen wollen. Welch üble Gesinnung machte sich bei ihnen breit? Haben sie nicht besser verstanden, was Jesus will und was er im Moment gerade im Begriff zu tun ist?

ð     Haben Sie nicht begriffen, dass seine Macht den Menschen dienen und nicht schaden will? Wissen sie nicht, dass man Macht nicht braucht um seine eigene Ehre zu retten?

ð     Nein sie haben nichts begriffen.

1.                  Evangelisation (Jesus ist zur Rettung gekommen)

ð     Jesus hätte tatsächlich die Macht gehabt Feuer vom Himmel zu wünschen. Ihm stand und steht alle Macht im Himmel und auf Erden zur Verfügung. Petrus sagte er einmal, als dieser sich mit dem Schwert für Jesus wehren wollte:

Meinst du, ich könnte meinen Vater nicht bitten, dass er mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel schickte? Mt.26,53

ð     Jesus lebte die Liebe. Die Macht dieser Liebe verändert unser Leben. Die Liebe Gottes erobert die Welt und verändert Menschen, nicht Gewalt.  So lesen wir schon im AT:

Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen. Sach.4,6.

ð     Jesus ist gekommen Leben zu retten und nicht zu zerstören. So will er auch Dich retten – heute und jetzt. Für Dich hat er auf die Ausübung seiner Macht verzichtet, denn die Macht der Liebe ist stärker.

Gott hat die Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab. Nun werden alle, die sich auf den Sohn Gottes verlassen, nicht zugrunde gehen, sondern ewig leben. Joh.3,16

ð     Gott will Dir begegnen und das in seiner grossen Liebe. Er lädt dich ein. Er zwingt Dich nicht seine Liebe zu erwidern, obwohl es in einem Leben nichts gibt, das wichtiger und bedeutungsvoller sein kann.

ð     Die Liebe Gottes ist durch das Sterben von Jesus greifbar geworden. Wer sich dieser Liebe öffnet, der wird gerettet.

2.                  Unsere Waffe ist die Liebe Gericht hält Gott selbst

ð     Aber eben, wie gehen wir jetzt mit solchen Situationen um? Was tun wir, wenn wir dem andern am liebsten den Hals umdrehen möchten, weil er uns verletzt hat?

ð     Wie sollen wir uns als Christen verhalten?

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Schluss

ð     Zusammenfassung

ð     Die Jünger lassen sich von der Verletzung und Beleidigung treiben, sich zu Rächen. Sie waren bereit die Macht Gottes zu missbrauchen und mit grossen Geschützen aufzufahren.

ð     Diese Ausübung von Macht ist beeindruckend, aber zerstörerisch.

ð     Jesus lehrt die Jünger, dass wir eine ganz andere Gesinnung haben sollten. Diese Verhaltensweise passt nicht zu einem Christen.

ð     Die Waffe des Christen ist die Liebe. Die Liebe ist die Macht, die Menschen verändern kann. Gott selbst wird einst gerecht richten und er wird es im richtigen Rahmen tun.

ð     In solchen konkreten Situationen müssen wir uns Jesus fragen lassen: Wisst ihr nicht welches Geistes Kinder ihr seid?

ð     Vielleicht hat Dir der Herr heute Morgen gezeigt, wo Du aufgrund einer Verletzung dich rächst, anstatt den Willen Gottes zu tun. Dann sei dankbar für diesen Hinweis und ändere Deine Gesinnung.

Amen



[1] Jos.Ant.XX.6,1: In der Folge kam es zu Feinseligkeiten zwischen den Juden und Samaritern, und zwar aus folgender Veranlassung. Die Galiläer, die zu den Festen nach Jerusalem zogen, pflegten ihren Weg durch Samaria zu nehmen. Als sie nun auch jetzt wieder dieses Weges kamen, wurden sie von einer Anzahl Bewohner des Dorfes Ginaea, welches auf der Grenze zwischen Samaria und der grossen Ebene liegt, überfallen, und es kamen viele von ihnen um. Auf die Nachricht von dieser Tat begaben sich die angesehensten Galiäer zu Cumanus und baten ihn, den Tod der Gefallenen zu rächen.

[2] 2Kö 1,10         der König sagt, du sollst herabkommen! Aber Elia antwortete dem Hauptmann über fünfzig und sprach zu ihm: Bin ich ein Mann Gottes, so falle Feuer vom Himmel und verzehre dich und deine Fünfzig! Da fiel Feuer vom Himmel und verzehrte ihn und seine Fünfzig. -

2Kö 1,12           Elia antwortete und sprach zu ihm: Bin ich ein Mann Gottes, so falle Feuer vom Himmel und verzehre dich und deine Fünfzig! Da fiel das Feuer Gottes vom Himmel und verzehrte ihn und seine Fünfzig.